Geturnt wurde im Garten des Vereinslokals
Sportfreunde Oppenrod feiern 100-jähriges Bestehen – Gegründet als „Frei Heil Oppenrod“ – Mitglieder unter 16 Jahren damals verboten
(cr). In diesem Jahr feiern die Sportfreunde Oppenrod ihr 100-jähriges Bestehen. Am 1. August 1910 hatten mehrere junge sportbegeisterte Oppenröder in der Wirtschaft „Zum kühlen Grund“ beschlossen, einen Turnverein zu gründen. Dieser formierte sich damals noch unter dem Namen „Frei Heil Oppenrod“. Als erster Vorsitzender wurde Wilhelm Haas gewählt. Nach der Gründung traten dem Verein noch zahlreiche Jugendliche bei, die aber nicht als Vereinsmitglieder geführt werden durften, da Mitglieder unter 16 Jahren verboten waren. Während der Regentschaft Kaiser Wilhelms II. wurde eine Freie Turnerschaft übrigens als SPD-Verein angesehen.
Durch Spenden der rund 50 Mitglieder und kleinen Unterstützungen des Turnerbundes kaufte der Verein zuerst ein Reck und einen Barren. Im Garten des Vereinslokals wurde mit tatkräftiger Hilfe der Mitglieder eine Halle für den Turnbetrieb aufgestellt. Unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Karl Balser rief man in den Vorkriegsjahren einen Spielmannszug ins Leben, der die Turner auf ihren Märschen begleitete. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wollte nur langsam Normalität einkehren. Im Mai 1919 nahm der Verein seinen Turnbetrieb wieder auf. Im Folgejahr errang Wilhelm Rüster beim zehnjährigen Stiftungsfest mit Zöglings-Preisturnen den ersten Preis.
Die Jahre 1925 bis 1930 waren durch Erfolge in der Leichtathletik geprägt. Hier stach besonders Wilhelm Schwarz hervor. Beim internationalen Turn- und Sportfest in Nürnberg holte er im beidarmigen Kugelstoßen den vierten und im beidarmigen Diskuswurf sogar den dritten Platz. 1926 gründete der Verein unter der Leitung von Wilhelm Rüster, Wilhelm Hahn und Emil Gaub eine erste Jugendmannschaft im Fußballsport. Sie nahm auch an der Verbandsrunde teil. Als Trikotfarben wählte man Grün und Weiß. 1928 formierte sich hieraus eine Seniorenmannschaft. Zuerst fanden die Spiele auf privaten Wiesen statt. 1927 wurde der Sportplatz am Lohberg genehmigt, aber erst drei Jahre später in Betrieb genommen. Zwischenzeitlich nutzte man den Sportplatz in Annerod. 1931 gründete man eine Kinderturnabteilung, die sich 1932 bei Sportwerbeveranstaltungen erstmals der Öffentlichkeit vorstellte.
Zu der dunkelsten Geschichte des Vereins gehört zweifellos das Jahr 1933. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der Arbeiter-Sport-Bund „Frei-Heil“ aufgelöst und allen angeschlossenen Vereinen jegliche sportliche Betätigung untersagt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verein am 1. September 1945 unter dem Namen „Sportfreunde Oppenrod 1945“ neugegründet. Erste Amtshandlung war die Sicherung der beschlagnahmten Sportgeräte und des Sportplatzes, den der Verein in den Folgejahren planierte und vergrößerte. 1953 errichtete man hier zudem ein Umkleidehäuschen. 1946 wurde eine Damenhandballmannschaft – damals noch Feldhandball – aus der Taufe gehoben. Sie machte 1949 mit dem Kreismeistertitel des Sportkreises Gießen auf sich aufmerksam.
Erfolge im TischtennisRichtungsweisend war für die Sportfreunde das Jahr 1948. Auf Anregung des Vorsitzenden Wilhelm Rüster beschaffte man unter großen Schwierigkeiten eine Tischtennisplatte mit Zubehör. Hans von Colson und Arno Weiß machten sich anfangs um den Aufbau der Tischtennisabteilung verdient.
Bei der Jahreshauptversammlung 1955 berichtete der Tischtennisabteilungsleiter von hervorragenden Leistungen. So wurde die erste Mannschaft Gruppensieger und Werner Döring errang mit einem Partner aus Gießen in seiner Klasse die Doppelmeisterschaft. Ergebnisse, die in den Folgejahren weiter bestätigt werden sollten. Die Fußballabteilung avancierte mangels Spielern zum Sorgenkind des Vereins.
Zum 50-jährigen Bestehen 1960 wählten die Mitglieder in der Jahreshauptversammlung einen Festausschuss. Zum Abschluss bemängelte Gründer Heinrich Ludwig Balser „den fehlenden Geist der Jugend, die durch andere Aktivitäten wie Kino abgelenkt wird“. Ein Schock ereilte den Verein am 16. September 1961. Der Vorsitzende Wilhelm Rüster war bei Bauarbeiten am Haus seines Sohnes tödlich verunglückt. Sein Nachfolger Alfred Wiche hatte in den folgenden Jahren mit dem Sportplatzausbau zu kämpfen. Der sportliche Bereich beschränkte sich wieder auf Erfolge der Tischtennisabteilung. Die Mannschaft holte sich 1966 den Kreismeistertitel und konnte auch in der nächsthöheren Klasse überzeugen. Am 20. Juni 1968 wurde der ausgebaute Sportplatz eingeweiht. Der ständig anwachsende Spielbetrieb veranlasste den Vorstand, über den Bau eines Sportheims nachzudenken. Dieses wurde am 1. November 1975 eingeweiht.
Die Laufabteilung entwickelte sich 1978 unter der Leitung von Oswin Völk zum Prunkstück der Sportfreunde. Bei diversen Starts konnten die Läufer 40 Siege erringen. 1979 wurde aus versicherungstechnischen Gründen die Gymnastikgruppe in den Sportverein aufgenommen. 1980 wurde beim Amtsgericht Gießen die Änderung des Vereinsnamens in „Sportfreunde Oppenrod 1910“ eingereicht. Die 80er Jahre waren durch etliche Querelen in der Fußball-, aber auch Tischtennisabteilung gekennzeichnet. Am 2. April 1990 schaffte die Tischtennismannschaft ihren langersehnten Aufstieg in die Bezirksliga. Mit einem außergewöhnlichen Erfolg beendeten die Tischtennisspieler auch die Saison 1991/92. Die erste Mannschaft wurde Bezirksmeister und die zweite Mannschaft Sieger der erste Kreisklasse. 1993 verbesserte sich letztere sogar in die Bezirksliga. 1994 stieg die erste Mannschaft in die zweite Verbandsliga auf und im Folgejahr sogar in die erste Verbandsliga.
Der Verein war inzwischen mit weiteren Abteilungen stetig gewachsen. Dies hatte Probleme bei der Hallenbelegung zur Folge. Sportlich stagnierte der Verein zu Beginn des neuen Jahrtausends. Nach jahrelangen Diskussionen konnte aber 2003 auf dem Sportplatz eine Flutlichtanlage errichtet werden. Ein Jahr später begannen die Arbeiten für das Jugendzentrum hinter dem Sportheim. Auch der Wunsch nach einem eigenen Vereinsraum wurde in einer Mitgliederversammlung zugestimmt. Mit Meistertiteln machte in jener Zeit auch wieder die Tischtennisabteilung von sich reden. Heute haben die Sportfreunde rund 460 Mitglieder, der Verein verfügt über zwölf Abteilungen.
FestauftaktDie Jubiläumsfeierlichkeiten verteilen sich auf das ganze Jahr. Los geht es am Samstag, 27. März. Für 17 Uhr ist eine Totenehrung am Ehrenmal auf dem Friedhof in Oppenrod vorgesehen. Im Anschluss wird an der Rahberghalle zur Erinnerung an den 100. Geburtstag ein Gedenkstein enthüllt. Ab 19 Uhr lädt der Verein mit seinem Vorsitzenden und zugleich Festpräsidenten Heiko Metz die Gäste zu einer Feierstunde in die Rahberghalle ein. Schirmherr des Jubiläumsfestes ist Innenminister Volker Bouffier.
Dieser Artikel wurde verfasst von Christian Rüger und zur Verfügung gestellt von